Ossietzky, von Carl

Carl von Ossietzky (* 3. Oktober 1889 in Hamburg; † 4. Mai 1938 in Berlin) war ein deutscher Journalist, Schriftsteller und Pazifist.

Zitate von Carl von Ossietzky:

Das deutsche Volk will den Sturz der herrschenden Mächte, die heute unser Vaterland schwarz überschatten.

Denn wir können nicht an das Gewissen der Welt appellieren, wenn unser eigenes Gewissen schläft.

Der Antisemitismus ist dem Nationalismus blutsverwandt und dessen bester Alliierter. (Quelle: Die Weltbühne; 1932)

Der Drang nach Freiheit war der Ursprung des Protestantismus.

Der Kapitalismus handelt nur nach den Geboten kältester Zweckmäßigkeit. Er kennt nicht Sentimentalität, nicht Tradition. Er würgt, wenn es sein muss, schnell und sicher den Verbündeten von gestern ab und fusioniert mit dem Feind.

Der Krieg ist ein besseres Geschäft als der Friede. Ich habe noch niemanden gekannt, der sich zur Stillung seiner Geldgier auf Erhaltung und Förderung des Friedens geworfen hätte. Die beutegierige Canaille hat von eh und je auf Krieg spekuliert.

Der Kriegsgott lebt im Überfluss. Er braucht kaum mehr zu fordern. Alles fliegt ihm zu. Vielleicht geht er noch an Überfütterung zugrunde.

Der politische Journalismus ist keine Lebensversicherung: das Risiko erst gibt seinen besten Antrieb. (Quelle: Die Weltbühne; 1932)

Der Ruhm eines Politikers wird nach dem Umfang des von ihm angerichteten Schadens bemessen.

Der Weltkrieg war der Abtanzball des alten Imperialismus.

Deutschland ist das einzige Land, wo Mangel an politischer Befähigung den Weg zu den höchsten Ehrenämtern sichert.

Die Gegenwart ist dein Kampffeld.

Die große Not schafft große Abwehr.

Die großen Realpolitiker vergessen nur, dass auch die Wirklichkeit ihre eigenen Illusionen erzeugt. Sie nehmen den Dunstkreis selbst zugesprochener Bedeutsamkeit für die Ausdehnung der Welt.

Die militärische Justitia hat nicht nur verbundene Augen, sondern auch verstopfte Ohren und ein gepanzertes Herz.

Die nationalsozialistische Bewegung hat eine geräuschvolle Gegenwart, aber gar keine Zukunft. Sie lebt von der Erregung plötzlich proletarisierter Schichten, welchen politischen und ökonomischen Kräften sie den Sturz aus bürgerlicher Geborgenheit in ein soziales Pariatum verdanken. Der Nationalsozialismus hat bisher nicht bewiesen, dass er die altorganisierte Arbeiterschaft und ihren jungen Nachwuchs zu erfassen vermag. Diese Bewegung hat keine Idee und kein Prinzip und deshalb wird sie nicht leben können.

Die Pazifisten sind immer sauber gewesen und oft hervorragend mutig, aber, um die Wahrheit zu sagen, noch öfter geradezu bestialisch unbegabt.

Ein breiter Riss zieht sich hin zwischen Literatur und Volk. Der Film hat die Sehnsucht nach Bewegung und Geschehnissen wieder erweckt, die „psychologisierende“ Epoche beendet und die ungezählten „stillen Bücher“ auf ewig still gemacht

Es gibt nur ein Bündnis, das gut und organisch gewachsen wäre: das deutsch-französische. Das wäre die erste und einzige unter allen alten und neuen Allianzen, die sich nicht gegen einen Dritten richtet. Es wäre die Allianz für Europa.

Es kommt nicht darauf an, wie viel Platz ein Volk unter der Sonne einnimmt, sondern wie die Güter darauf verteilt sind.

Es wird einmal die Stunde kommen, wo alles Gegenwart sein wird, was jetzt noch vage Zukunft ist, wo die Zeit selber von uns Rechenschaft fordern wird, was wir all die Jahre getan haben.

Gleicht nicht der Weg eines begabten jungen Menschen zu Zeiten dem Ritt übern Bodensee? Er träumt vor sich hin, Melodien im Kopf, nicht Thesen und Formeln und Paragraphen, und eine dünne Eisdecke nur trennt ihn von dem unermesslichen Grab.

Hat z.B. schon jemals die Kirche ihren Einfluss gegen kapitalistische und feudalistische Ausbeutungen geltend gemacht?

Im Gefängnis gewesen zu sein, das ist ein großes Erlebnis, das kein politischer Mensch aus seinem Dasein streichen kann. Es ist die Berührung mit einer abgesonderten Welt, die eingemauert zwischen uns ragt und von der wir weniger wissen als von Tibet. (Quelle: Die Weltbühne; 1932)

In der Tat bildet sich eine neue unkirchliche unchristliche Religiosität. Sie hat kein Dogma und ist in keine Formel zu bringen.

In Deutschland gilt derjenige als viel gefährlicher, der auf den Schmutz hinweist, als der, der ihn gemacht hat.

Jedes Mal, wenn die Romantik sich einer Sache bemächtigt und Gloriolen um sie webt, dann ist deren Zeit schon vorüber, und die Sehnsucht nur macht aus der Erinnerung einen wünschenswerten Zukunftstraum.

Man bewundert bei uns noch immer ein ständig im Maul geführtes ungekämmtes Flegeltum als Männlichkeit.

Man kann nicht kämpfen, wenn die Hosen voller sind als das Herz.

Nationalismus und Antisemitismus sind die großen revolutionär kreischenden Jahrmarktsorgeln des Faschismus.

Nur der Einzelne ist naturgewachsen, nicht das Volk. Das Volk ist ein menschlicher Organisationsbegriff.

Ob wir überleben, ist weder sicher noch die Hauptsache. Wie man aber später von uns denken wird, ist so wichtig wie dass man an uns denken wird. … Ein Deutschland, das an uns denkt, wird ein besseres Deutschland sein.

Wahrhaftig, die Mächte haben allen Kredit verloren! Wo blieb ihr vielgerühmtes intellektuelles Übergewicht? In Zukunft wird man nicht einmal mehr der Republik San Marino imponieren können.

Was nützen Denkmäler des unbekannten Soldaten den Gefallenen? Erst muss der Mensch leben, dann kann seine Ehre geschützt werden!

Wenn der Rechtsprecher nur endlich einmal mit dem Geheimnis der Zellenhaft vertraut würde, wie anders müssten selbst die Urteile der bürgerlichen Justiz aussehen!

Wenn etwas gegen unsere Machthaber spricht, so ist es ihre Unfähigkeit, Provinzen mit gemischter Bevölkerung vernünftig zu regieren.

Wenn man den verseuchten Geist eines Landes wirkungsvoll bekämpfen will, muss man dessen allgemeines Schicksal teilen.

Wie die Ägypter, die die Krokodile anbeteten, die sie fraßen, beten wir die Automobile an, die uns totfahren. Wir rufen nicht mehr Vaterland, sondern Tempo, und diesem Tempo opfern wir täglich Menschenleben, gesunde Glieder, intakte Nerven.

Wir Anhänger des Friedens müssen immer wieder darauf hinweisen, dass der Krieg nichts Heroisches bedeutet.

Wir erleben augenblicklich alle Schwankungen und Widersprüche einer Übergangszeit. Eine Kultur liegt im Sterben, und die Keime einer neuen sind kaum sichtbar.

Wir leben inmitten einer großen Evolution: Es kehrt so etwas wie ein europäisches Bewusstsein wieder. Man schämt sich nicht länger, öffentlich auszusprechen, dass die Menschheit weiter reicht als die Fahnen des Landes.

Wo die Männer versagen, da ruft man nach dem Mann. Der Faschismus, der überall anders, überall in neuer nationaler Vermummung auftritt, weist in allen Ländern diesen einen gemeinsamen Wesenszug auf: Die Sehnsucht nach dem Diktator. Die erschlafften Völker suchen nach einem Hirn, das für sie denkt, nach einem Rücken, der für sie trägt. (Quelle: Weltreaktion – Ihr Unsinn und ihr Sinn; 1923)

Der Musiker hat es leichter als der Dichter, der Hirn und Nerven gleichmäßig beansprucht. Das Ohr ist ein williges Organ, durch das Ohr lässt sich der Kopf am leichtesten betrügen.

Es haben viele Nationen miteinander gekämpft, aber geflossen ist nur einerlei Blut: das Blut der Bürger Europas.

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