Marcuse, Ludwig

Ludwig Marcuse (* 8. Februar 1894 in Berlin; † 2. August 1971 in Bad Wiessee) war ein deutscher Philosoph und Schriftsteller.

Zitate

Ironie ist keine Waffe, sondern eher ein Trost der Ohnmächtigen.

Intellektuelle sind seltener wohlwollend gegeneinander als Einheimische gegen Gastarbeiter.

Es ist immer die Leistung, die bestimmt, wer zur Elite zählt.

Wie mutig man ist, weiß man immer erst nachher.

In Kants Jahren konnte der Aufklärer nicht aufklären, weil man ihn nicht ließ, zu unserer Zeit nicht, weil man ihn nicht liest.

Trost und Rat sind oft die Abwehr eines Nichtbetroffenen gegen das Leid eines Betroffenen.

Der Abenteurer ist unentbehrlich, das wird allerdings erst erkannt, wenn sich herausstellt, dass er Amerika entdeckt hat.

Zynismus kann ein Präludium echter Moral sein.

Denken ist eine Anstrengung, Glauben ein Komfort.

Der Elfenbeinturm ist heute überfüllt mit Aktivisten. Sie sitzen dort aktiv.

Ein Führer entsteht nur, wenn eine Gefolgschaft bereits da ist.

Und was ist nicht die geheime Diplomatie? Man sieht, wie die Partner ins Konferenzzimmer gehen und wieder herauskommen – und man erfährt das Resultat: zum Beispiel, daß beide friedliebend sind.

Wer bereut, hat die Chance, daß er eine Gegenwart haben wird, deren er sich in Zukunft nicht ganz so sehr zu schämen braucht.

Nicht alle Sterne lernten wir durch Aufblicken kennen. Mit manchen waren wir auf Du und Du, bis wir merkten, daß sie Sterne sind.

Nur wer im Wohlstand lebt, schimpft auf ihn.

Demut soll nie etwas anderes sein als die Verneinung von Hochmut. Sonst wird sie Kleinmut.

Wissenschaft steht im Dienste eines Ideals oder im Dienste einer herrschenden Gruppe.

Aufklärung: Die Vernunft macht immer heller, in welchem Dunkel wir leben.

Ein Philosoph ist, unter anderem, auch ein Mann, der nie um Argumente verlegen ist.

Brauchbarkeit wiegt schwerer als Begabung, vielleicht nicht vor Gott, aber vor dem Personalchef.

Zukunft ist die Ausrede derer, die Vergangenheit und Gegenwart zu verbergen trachten.

Marx hat das Glück, für das seine Lehre gemacht ist, so gründlich verschwiegen, dass viele seiner Anhänger „Glück“ (unter dem Taufnamen „kulinarisch“) für eine konterrevolutionäre Vokabel halten.

Versuch einer Definition Deutschlands: Nur auf der Autobahn weicht man nicht aus.

Aufwendige Formulierungen helfen nicht gegen abgedroschene Begriffe.

Ein Friedlicher ist einer, der sich totschießen lässt, um zu beweisen, dass der andere ein Aggressor gewesen ist.

Originelle Formulierungen sind noch nicht originelle Einsichten.

Besser ein anregender Pornograph als ein mausetoter Klassiker.

Der Glaube an das Gedruckte ist seit Gutenberg einer der mächtigsten Aberglauben dieser Welt.

Die meisten Definitionen sind Konfessionen.

Die Unwahrheiten liegen oft nicht in dem, was man sagt, sondern in dem, was man nicht sagt.

Du solltest dir mit gutem Gewissen widersprechen.

Er wurde nicht aus dem Leben gerissen, als er starb.

Hochmut kommt vor dem Fall. Nicht so sehr vor dem Fall – wie vor dem Erfolg.

Man kann auch jemand damit schaden, dass man ihn für Leistungen preist, die er nicht vollbracht hat.

Man stirbt, wie man lebte; das Sterben gehört zum Leben, nicht zum Tod.

Mut ist nur daran zu messen, wen man und wen man nicht auf seiner Seite hat.

Neu – das ist in der Regel nur das, was einer Generation neu vorkommt.

Nur wer bescheiden ist, wird nicht aufgeben.

Viele entdecken erst bei Aussprachen zwecks Beseitigung kleiner Missverständnisse, dass sie Todfeinde sind.

Viele Rezensenten können schreiben, aber nicht lesen.

Man nehme an, man sei zu einer Gesellschaft geladen, die sowohl eine höchst anregende Unterhaltung als auch viel guten Wein verspricht. Man nehme weiter an, dass man sowohl guten Wein liebe als auch gute Unterhaltung. Schließlich noch, dass der Wein einen nicht anregt, sondern müde macht – und so die Freude am Gespräch verdirbt. Da entscheidet man sich denn, wenn man das Gespräch vorzieht, zu einem wenig schönen Verzicht: man trinkt nicht. Auf solch einer Askese ist das Glück der Epikuräer erbaut. Es ist nicht der Verzicht auf Glück – sondern der Verzicht auf ein Glück für ein anderes, das einen glücklicher macht.

Mein Glück – das kann nur meine Schöpfung sein, die niemand mir abnehmen kann. Glücklichsein ist eine Kunst, wie man seit je weiß. Um ein Künstler zu werden braucht man Begabung, Fleiß und Vorbilder. Um ein Glücklicher zu werden braucht man dasselbe. Wer ein Glücks-Rezept verlangt, ähnelt einem Mann, der ein Dicht-Rezept verlangt. Begabung und Bemühung muss jeder von sich aus mitbringen. Doch kann er deshalb noch nicht auf die Vorbilder verzichten.

Nietzsche wurde der größte Pechvogel der Philosophie-Geschichte. Er wurde von Analphabeten nicht nur in ihr Deutsch übersetzt, auch in ihre Wirklichkeit.

Schopenhauer bleibt ein Denker für Stunden der Niederlagen;
für Jünglinge, die zermürbt von zerstörten Illusionen ohnmächtig hochwollen;
für Greise, welche die Flucht der letzten, übriggebliebenen Märchen nicht mehr aufhalten können.

Der gesunde Menschenverstand ist oft eine der ungesundesten Verständnislosigkeiten.

Die große Mode ist jetzt pessimistischer Optimismus: Es ist zwar alles heilbar, aber nichts heil.

Die Medizinen gegen Unglück sind bitter in allen Apotheken – selbst bei den Epikuräern.

Es wäre nicht so schlimm zu altern, wenn alle ersten Lieben in ewiger Jugend blühten.

Jugendgefährdend heißt: Die Alten sind so gefährdet, dass sie sich hinter der Jugend verstecken müssen.

Man arbeitet zunächst aus Notwendigkeit oder Lust, dann vielleicht nur, weil man es sich angewöhnt hat. Name dafür: Arbeitsbesessenheit.

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